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Das PHEV Paradoxon

München – Ein Plug-in Hybrid, eine Kombination aus zwei Antriebssystemen in einem Fahrzeug, erfreut sich steigender Beliebtheit sowohl in der Nachfrage, hier liegt eine jährliche Verdoppelung der Wachstumsrate der Zulassungen und dass sogar in Deutschland vor, als auch im Angebot der Hersteller. Unsere Prognose ist, dass es in den nächsten Jahren zu einem signifikanten absoluten Anstieg von PHEV-Fahrzeugen kommen wird. Warum das so ist und ob diese Entwicklung eine ökologisch nachhaltige ist, wie sie aktuell von der Öffentlichkeit und den Medien gefordert wird, darüber sprechen wir in diesem Artikel.

Die Nachfrager-Seite:

Der Gesetzgeber bietet steuerliche Anreize für Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb (Halbierung Geldwerter-Vorteil). Hinzu kommt eine deutlich günstigere KFZ-Steuer (ca. Faktor 51) aufgrund der besseren CO2 Bilanz sowie einen geringeren Benzin-Verbrauch im Prüfzyklus. Dies sind die offensichtlichen Vorteile des Plug-in Hybrids. Gleichzeitig kann der Kunde damit lokal emissionsfrei fahren, was ebenfalls ein Kaufargument für viele ist. Diesen Vorteilen stehen die höheren Anschaffungs- bzw. Leasingkosten (bis zu 10%3) sowie kein wirklicher variabler Kostenvorteil (Vergleich kWh und Spritkosten) im Vergleich zu Diesel- oder Benzin-Fahrzeugen gegenüber– gute Gründe sich gegen einen Plug-in Hybrid zu entscheiden.

Zusätzlich sind deutschlandweit nur rund 20.000 öffentliche und teilöffentliche Ladestationen von Energieunternehmen, Parkhaus- und Parkplatzbetreibern, Supermärkten und Hotels erfasst. Die von der Bundesregierung angestrebte Zahl von einer Million Elektroautos bis 2020 benötigt bis zu 70.000 öffentliche Ladesäulen. Zum heutigen Stand völlig unrealistisch – wird dem Ziel nicht standgehalten, ist über die nächsten Jahre ein klarer Trend in Richtung PHEV zu erwarten, denn nur dadurch kann die Abhängigkeit von Ladesäulen reduziert werden und das angestrebte Ziel gleichzeitig verfolgt werden.

Die Anbieter-Seite:

Das reduzierte Angebot seitens der Hersteller an Plug-in-Hybriden war in der Vergangenheit der Ausdruck der beschriebenen Diskrepanz der Vor- und Nachteilen der Alternative zu Benzin und Diesel-Fahrzeugen. Dies wird sich in Zukunft massiv ändern – die COFlottengrenzwerte machen es möglich. Die PHEVs sind der entscheidende und gleichzeitig einzige Hebel für die deutschen OEMs ihren Flottendurchschnitt entscheidend zu senken. Zusätzlich zum ohnehin geringeren CO2 Verbrauch im Testzyklus4 werden alle in 2020 zugelassenen Fahrzeuge mit einem CO2-Wert von < 50 g/kmin der Durchschnittsberechnung doppelt gewertet (1,66 in 2021 und 1,33 in 2022). Nach der Einführung des WLTPs gilt für PHEVs außerdem ein „Utility factor“, dieser Faktor repräsentiert den Anteil der Fahrten, die elektrisch zurückgelegt werden und hat Einfluss auf den Durchschnittswert des PHEV, welcher sich dadurch vorteilhafter gegenüber dem Verbrennungsmotor entwickelt. Der für jeden OEM individuell vorgegebene CO2-Flottendurchschnitt basiert auf dem Gewichtsdurchschnitt der gesamten Fahrzeugflotte. Entsprechend kann sich der OEM bei einem höheren Durchschnittsgewicht auf einen höheren erlaubten CO2-Flottendurchschnitt einstellen (Gewichtsmehrung von mind. 10%2). Dieser Vorteil von PHEV-Neuzulassungen zahlt sich jedoch erst ab dem jeweiligen Folgejahr aus, da der Gewichtsdurchschnitt auf der Basis des Durchschnitts der letzten 3 Jahre berechnet wird.

Ein weiterer Vorteil auf Herstellerseite ist, dass PHEV-Fahrzeuge im Unterschied zu vollelektrischen Fahrzeugen die Motorenwerke der Hersteller auslasten. Die getätigten Investitionen und Produktionsressourcen können weiterhin abgerufen werden.

Des Weiteren ist die kombinierte Antriebstechnologie ein Hebel SUV-Modelle in großer Stückzahl anbieten zu können. SUVs haben den Vorteil, dass sie mehr Verbauraum für Zellen anbieten und dementsprechend eine erhöhte Reichweite (ca. 30%5) ermöglichen. Demzufolge werden SUVs weiterhin für den Käufer und den Hersteller attraktiv bleiben und die Notwendigkeit einer Portfolio-Anpassung nicht gegeben.

Fazit:

Die Entwicklung des Fahrzeugmarktes in Richtung PHEV wird aktuell durch die Regierung in vielerlei Hinsicht direkt oder indirekt subventioniert bzw. gefördert. Jedoch ist der PHEV hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit eine suboptimale Lösung: Die CO2-Bilanz der elektrifizierten Antriebstechnologie fällt entlang der Lieferkette wesentlich schlechter aus als bei Verbrennungsmotoren und der PHEV kombiniert nicht nur zwei Antriebsmöglichkeiten miteinander, er kombiniert auch deren CO2-Bilanzen, die schlechte des Benzinmotors über die Laufzeit der Nutzungsphase mit der schlechten des elektrifizierten Antriebsstrang in der Lieferkette – das nennen wir das PHEV Paradoxon.