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Reparieren statt recyclen: Lebenzyklus von Hochvoltspeichern verlängern

Im Elektroauto ist die Batterie das mit Abstand teuerste Bauteil. 40 bis 60 Prozent der Herstellungskosten stecken im Hochvolt-Speicher; rund acht Tonnen CO2 werden während seiner Produktion emittiert. Doch durch vorzeitige Alterung oder Defekte an Komponenten von Batterien lässt deren Leistung nach und beeinträchtigt den Gesamtzustand des Hochvolt-Speichers (SoH, State of Health). Der Austausch oder die Reparatur einzelner Komponenten könne ein Weg sein, um gebrauchte Elektroautos attraktiver zu machen und um Kunden die Angst vor Batterieschäden zu nehmen, so Felix Feuerbach, Geschäftsführender Direktor von KBC.

Es wird zu wenig über Batteriereparatur nachgedacht

Feuerbach fordert: „Wir müssen auch bei den zukünftigen Hochvoltspeicher-Generationen viel mehr über Reparaturmöglichkeiten nachdenken“. Bei der Entwicklung neuer Speicher, so Feuerbach, liege der Fokus heute überwiegend auf Herstellkosten, Energiedichte und Gewicht – nicht auf Austauschbarkeit von defekten Bauteilen.

Dabei sei die Reparatur von Hochvoltspeichern durchaus wirtschaftlich, so Feuerbach. Doch oft sei das nicht möglich, weil manche Batteriekonzepte entlang des „Cell to pack“ Trends es gar nicht vorsähen, dass das Speichergehäuse geöffnet werden kann. Für eine effiziente Instandsetzung seien neben den richtigen Konzepten für Diagnose und Reparatur außerdem geschultes Personal und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen Bedingung. Aber allein die Verfügbarkeit von Ersatzteilen über 10 Jahre der Lieferverpflichtung ist bei den heute vorherrschenden Bevorratungskonzepten, Lagermöglichkeiten und Bezugsquellen der Speicher gar nicht so ohne weiteres möglich, auch wenn dies keine unlösbaren Herausforderungen sind.

Tatsächlich sei jedoch das Recycling (sprich: Verschrottung) defekter Hochvolt-Speicher heute die gängige Praxis. Felix Feuerbach sieht daher die Gefahr, dass das Elektroauto seinen Ruf als umweltfreundliches Verkehrsmittel verliert.

Wertvolle Hochvoltspeicher enden als Straßenbelag

Dabei haben es Batterie-elektrische Fahrzeuge derzeit ohnehin schon schwer genug. Kaum ist die staatliche Förderung für Neuwagen gestrichen worden, brechen die Verkäufe ein. Auf dem Gebrauchtwagenmarkt sieht es nicht besser aus. Gründe dafür sei neben einer generellen Skepsis das geringe Vertrauen der Konsumenten in die Lebensdauer der Batterien, sowie die hohen Preise für Austauschbatterien. „Der Preisverfall gebrauchter Elektrofahrzeuge ist extrem“, sagt Felix Feuerbach. „Der Restwert des Fahrzeugs steht meist in keinem Verhältnis zu den Kosten beim Austausch des Speichers“, so Feuerbach weiter. „Wenn zukünftig keiner ein solches Fahrzeug kaufen mag, das älter als drei oder vier Jahre ist, wird es eng für Elektroautos. Und der Einbruch der Restwerte beschädigt die Marken.“

KBC-Mitgründer Feuerbach beschäftigt sich seit langem mit Themen der Kreislaufwirtschaft, insbesondere mit dem Remanufacturing. „Zu häufig werden Batterien mit defekten oder degradierten Zellen recycelt – sprich: verschrottet. An der Rückgewinnung der wertvollen Rohstoffe (unter anderem Kobalt, Lithium und seltene Erden) wird geforscht, insgesamt sind die Prozesse bis heute aber nicht weit genug fortgeschritten. Von einer effektiven und effizienten Rückgewinnung der seltenen Rohstoffe aus Speichern, die 5 oder 6 Jahre alt sind, sind wir immer noch weit entfernt.“ Bereits bei der Definition von Batterie-Recycling bestünde oft Unklarheit: „Entgegen landläufiger Annahme, die wertvollen Rohstoffe würden zurückgewonnen wie etwa bei recyceltem Stahl aus alten Karosserien, werden Batteriekomponenten in der Regel einfach geshreddert und thermisch entsorgt. Die Reste werden dann beispielsweise dem Asfalt beigemischt für neue Straßendecken.“

Weniger recyclen und mehr reparieren

Feuerbach: „Es wird viel an Recycling-Themen gearbeitet, wie beispielsweise einer hochautomatisierten Demontage, während man den Eindruck hat, die Industrie habe das Thema Reparatur bereits beerdigt“. Dabei sei es immer wieder erstaunlich, auf welche SoH-Level sich reparierbare Speicher mit den richtigen Diagnose- und Reparatur- Prozessen heute schon heben lassen.

Auch die Nutzung von alten Hochvolt-Akkus aus Fahrzeugen als sogenannte Second-Life-Energiespeicher, etwa für Solaranlagen von Eigenheimen oder Fabriken, sei wohlmöglich nicht die Antwort, so Felix Feuerbach – auch wenn dies neben dem Recycling bei allen Herstellern die gängige Strategie zu sein scheint. Abgesehen von dem Einsatz in den eigenen Fabriken, in denen auch eine sehr kurze Nutzung der alten Speicher möglich sein kann, stelle sich die Frage, wer diese degradierten Speicher denn abnehmen soll, zumal sich ein Überangebot abzeichnet. „Auch wenn man alte Speicher aus Fahrzeugen lange weiterverwenden will, ist eine Reparierbarkeit doch Voraussetzung“.

Felix Feuerbach: „Wenn E-Mobilität nachhaltig funktionieren soll, muss die Frage doch lauten, wie man diesen Speicher, in dem soviel CO2 und Investitionen stecken, möglichst lange nutzen kann, um den CO2-Einsatz im Betrieb wieder aufzuwiegen.“ Feuerbachs Forderung: „Man muss weniger recyclen und mehr reparieren“. Es werde nicht immer bis zum Ende des Lifecycles, und zu wenig an eine zeitwertgerechte Instandsetzung der E-Fahrzeuge gedacht.

Ein Beitrag zu diesem Thema ist auch online bei der WirtschaftsWoche erschienen.

Männliche Person, graue Haare, blaue Augen, neutraler Gesichtsausdruck, trägt ein weißes Hemd, eine dunkelblaue Hose, stehend mit beiden Händen in den Hosentaschen
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Felix Feuerbach
Senior Partner

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